„Die Wellen“, erschienen 1931, gilt als Woolfs experimentellster Roman, der die konventionelle Handlung vollständig aufgibt. Er besteht aus miteinander verwobenen inneren Monologen von sechs Charakteren, einer radikalen Struktur, die die völlige Einsamkeit jedes Bewusstseins offenbart, selbst wenn ihre Leben parallel verlaufen.
Bernard, Susan, Rhoda, Neville, Jinny und Louis – jeder Charakter liefert narrative Passagen, die ihre inneren Gedanken von der Jugend bis zum Erwachsenenalter offenbaren. Diese Monologe fließen nacheinander, berühren gelegentlich gemeinsame Erfahrungen und gegenseitige Bekanntschaften, lassen aber auffällig direkte Interaktion vermissen. Die Charaktere kommen manchmal zusammen (Schulzeit, ein Abschiedsessen, Begegnungen mit ihrem geliebten Freund Percival), aber der Leser erfährt von diesen Ereignissen nur durch die persönlichen Reflexionen jedes Charakters. Percival selbst, von der Gruppe vergöttert, ist als Sprecher abwesend und existiert nur in ihren verstreuten Erinnerungen, bis er auf einer Auslandsreise plötzlich stirbt. Sein Tod schickt Wellen der Trauer durch ihre separaten Erzählungen, aber selbst diese Tragödie kann ihre individuellen Gedankenströme nicht zu einem kollektiven Verständnis verschmelzen. Jeder Trauernde ringt allein mit dem, was Percival bedeutete, was hervorhebt, wie undurchdringlich die Trauer eines Menschen für einen anderen ist.
Formalistisch verwischt „Die Wellen“ die Grenze zwischen Prosa und Poesie und verwendet rhythmische Sprache und wiederkehrende Motive (wie das wechselnde Sonnenlicht über dem Meer zwischen den Abschnitten), um die emotionalen Rhythmen der Charaktere widerzuspiegeln. Doch diese Lyrik wird durch einen düsteren philosophischen Unterton gedämpft. Ohne einen externen Erzähler oder dialogische Austausch bietet der Roman keine autoritative Realität jenseits der subjektiven Wahrnehmung jedes Charakters. Momente der Verbindung flackern kurz auf – wie die gemeinsame Bewunderung für Percival oder das gegenseitige Wissen um das Altern –, aber sie werden als introspektive Beobachtungen und nicht als echte Gemeinschaft vermittelt. Auf den letzten Seiten versucht Bernard – jetzt im hohen Alter – eine kohärente Geschichte aus ihren Leben zu weben, aber seine lange Rede zerfällt unter dem Gewicht des Zweifels und der Unvermeidlichkeit des Todes. Woolf bietet keinen tröstlichen Abschluss oder kollektive Offenbarung; die sechs Stimmen bleiben unentrinnbar allein und beenden den Roman mit einer Note ungelöster Sehnsucht. In seiner kühnen Form konfrontiert „Die Wellen“ die Leere im Herzen der menschlichen Erfahrung: die Unfähigkeit, das eigene einsame Ich wirklich zu überwinden, trotz der Illusion eines geteilten Lebens.