Tatsächlich ist es so, dass ich in meinem Viertel (gentrifiziert), meiner Branche (Medien) und meinem Job (linksliberale Zeitung) von Menschen umringt bin, die, wenn es um den Glauben geht, oft nur noch an Missbrauch und Vertuschung denken. Auch wissen viele nicht mehr, wofür Christen eigentlich beten und worauf sie hoffen. Sie reduzieren die Kirche auf den Missbrauchsskandal und lassen die strahlende Seite des Glaubens, die Schönheit, den Trost, die Hoffnung, unter den Tisch fallen.
Heute wird ständig darüber diskutiert, wie sich die Kirche verändern muss, um im 21. Jahrhundert anzukommen. Ich drehe die Frage um: Was kann das 21. Jahrhundert von gläubigen Menschen lernen? Wie kann der Glaube eine verunsicherte Gesellschaft von ihrer Angst und Stemlosigkeit befreien? Und was kann uns in einer digital optimierten, aber seelisch oft verkümmerten Gegenwart noch Hoffnung geben?
Tobias Haberl, geboren 1975 im Bayerischen Wald, hat in Würzburg und Großbritannien Latein, Germanistik und Anglistik studiert. In den Jahren 2001 und 2002 war er freier Journalist in Berlin, besuchte dann die Henri-Nannen-Schule Hamburg und ist seit 2005 Redakteur im Magazin der »Süddeutschen Zeitung«. 2016 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Zuletzt legte er die Streitschrift »Die große Entzauberung - Vom trügerischen Glück des heutigen Menschen« vor (2019). Von Tobias Haberl erschienen außerdem »Wie ich mal rot wurde« (2011) und, als Herausgeber zusammen mit Alexandros Stefanidis, »Wir, Ritter der Ehrenrunde« (2016). Der Autor lebt in München.